Sachenbacher, Kindeswohl: Definition und rechtliche Einordnung

Familienrechtliches Mandat: In Fällen des Kindschaftsrechts produzieren verschiedene Instanzen – eventuell auch mit unterschiedlichen Ergebnissen – langfristig hohen emotionalen Stress im Familiensystem, so dass es zu keiner Beruhigung für das betroffene Kind kommt. Alle Verfahrensbeteiligten (Instanzgerichte, Eltern mit ihren Verfahrensbevollmächtigten, Verfahrensbeistand und Jugendamt) sind daher gehalten, auch Kompromisse einzugehen und den Fokus ausschließlich auf das Kindeswohl zu richten. Eine entscheidende Erfolgskomponente ist dabei vor allem die genaue Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Kindeswohl“. Vorliegender Beitrag erläutert die „Stufenleiter der Kindeswohlschwellen“ und gibt wertvolle Hinweise für die Anwaltspraxis. (aus: ZAP 8/2019)

Maaß, Urlaubsrecht: Aktuelle Hinweise für die anwaltliche Mandatspraxis

Arbeitsrechtsupdate vor der Ferienzeit: Selten hat ein arbeitsrechtliches Thema wie „Urlaub“ in der europäischen und nationalen Rechtsprechung in den letzten Jahren derart viel Aufmerksamkeit erfahren, z.B. zur Verfallbarkeit von Urlaub, Vererbbarkeit des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung oder Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit oder Sonderurlaub. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellste arbeitsgerichtliche Rechtsprechung mit Hinweisen zur Beratung und Ausarbeitung von Arbeitsvertragsregelungen. (aus: ZAP 8/2019)

Gatz, Vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO

Grundlagenwissen im Verwaltungsprozessrecht: Die Verwaltungsgerichtsordnung gewährt vorläufigen Rechtsschutz gegenüber behördlichen Einzelakten, wobei die primäre Funktion darin besteht, die Effektivität des Hauptsacherechtsschutzes zu sichern. Der Rechtsschutzsuchende soll davor geschützt werden, dass vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens irreversible Zustände geschaffen werden, die eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr zulassen. Vorliegend wird das System des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgestellt, wobei der Schwerpunkt auf dem Aussetzungsantrag in der gerichtlichen Prüfung liegt: Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags, Tenorierung, Dauer der aufschiebenden Wirkung, Beschwerdeverfahren, Änderungsverfahren und Streitwert. (aus: ZAP 8/2019)

Betriebliches Gesundheitsmanagement: Anpassung an einen digitalisierten Arbeitsplatz

Die zunehmende Digitalisierung in Anwaltskanzleien wird kurzfristig auch Auswirkungen auf die Arbeitsplatzgestaltung haben. Mitarbeiter werden längere Arbeitszeiten am Schreibtisch haben und z.T. auf mehrere Bildschirme schauen müssen. Es fällt damit ein Teil der Laufwege und damit auch die Bewegung innerhalb der Kanzleiräume weg – mit ungesunden Folgen für die Mitarbeiter. Auch die Augen werden künftig noch stärker beansprucht. Kanzleien sollten daher im Rahmen ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements dafür Sorge tragen, dass die Mitarbeiter durch diese Veränderungen trotzdem gesund bleiben. Ergonomische Büromöbel, höhenverstellbare Schreibtische oder die Kostenübernahme einer PC-Arbeitsbrille sind nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten. Die Möglichkeit zu aktiven Bewegungspausen und Rückensportübungen innerhalb der Arbeitszeit sollte dazu gehören, genauso wie z.B. die Förderung von sportlichen Aktivitäten der Mitarbeiter in ihrer Freizeit. Hier kann der Fitnessstudio- oder Vereinsbeitrag von der Kanzlei übernommen oder vielleicht als Kanzleiteam eine sportliche Herausforderung – auch als teambildende Maßnahme – angenommen werden. Wie wäre es z.B. mit einem Firmenlauf für eine gute Sache? Oder die Bildung einer Fußballmannschaft? Vielleicht könnten dann demnächst spannende Duelle mit anderen Firmen oder Kanzleien gewonnen werden.

EuGH: Widerrufsrecht beim Onlinekauf einer Matratze

Verbraucherrechte: Das Widerrufsrecht der Verbraucher im Fall eines Onlinekaufs gilt auch für eine Matratze, deren Schutzfolie nach der Lieferung entfernt wurde. Wie bei einem Kleidungsstück kann davon ausgegangen werden, dass der Unternehmer in der Lage ist, die Matratze mittels einer Reinigung oder Desinfektion wieder verkehrsfähig zu machen, ohne dass dies den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene widersprechen würde. Der EuGH stellte allerdings auch fest, dass der Verbraucher für etwaige Wertverluste der Ware haftet, wenn er sie über den zur Prüfung erforderlichen Umfang hinaus beansprucht hat. (EuGH, Urt. v. 27.3.2019 – C-681/17, aus: ZAP 8/2019)

BVerfG: Erreichbarkeit des richterlichen Bereitschaftsdiensts

Uneingeschränkte Erreichbarkeit: Aus Art. 13 GG ergibt sich die verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gerichte, die Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters, auch durch die Einrichtung eines Bereitschaftsdiensts, zu sichern. Dieser muss bei Tage, d.h. zwischen 6 und 21 Uhr, uneingeschränkt erreichbar sein. Während der Nachtzeit ist ein solcher Bereitschaftsdienst jedenfalls bei einem Bedarf einzurichten, der über den Ausnahmefall hinausgeht. Die Prüfung eines solchen Bedarfs haben die Gerichtspräsidien nach pflichtgemäßem Ermessen in eigener Verantwortung vorzunehmen. Für die Art und Weise der Bedarfsermittlung steht ihnen ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. (BVerfG, Beschl. v. 12.3.2019 – 2 BvR 675/14, aus: ZAP 8/2019)

BGH: Fristenkontrolle bei Führung eines elektronischen Fristenkalenders

Anwaltliches Organisationsverschulden: Bei der Fristeingabe in den elektronischen Fristenkalender muss eine Kontrolle durch einen Ausdruck der eingegebenen Einzelvorgänge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen. Unterbleibt eine derartige Kontrolle, so liegt ein anwaltliches Organisationsverschulden vor. Werden die Fristeingabe in den elektronischen Fristenkalender und die anschließende Eingabekontrolle in zwar mehrstufigen, aber ausschließlich EDV-gestützten und jeweils nur kurze Zeit benötigenden Arbeitsschritten am Bildschirm durchgeführt, besteht eine erhöhte Fehleranfälligkeit. Den Anforderungen, die an die Überprüfungssicherheit der elektronischen Kalenderführung zu stellen sind, wird durch eine solche Verfahrensweise nicht genügt. (BGH, Beschl. v. 28.2.2019 – III ZB 96/18, aus: ZAP 8/2019)

Auslandsdienstreisen von Anwälten bald einfacher

A1-Bescheinigung: Seit Mai 2010 muss bei geschäftlichen Aufenthalten im EU- und EFTA-Ausland die sog. A1-Bescheinigung beantragt werden. Diese bislang kaum bekannte Verpflichtung gilt für längerfristige Entsendungen und kurzzeitige Geschäftsreisen gleichermaßen und dient dazu, bei Auslandsreisen nachzuweisen, welches Sozialsystem für den Versicherten zuständig ist; so soll Sozialversicherungsbetrug verhindert werden. Diese Regelung passt auf Selbstständige wie etwa Rechtsanwälte nicht so recht. Nun ist jedoch Abhilfe in Sicht: Nach Informationen der Bundesrechtanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins haben das Europäische Parlament und der Rat Mitte März eine politische Einigung zur Modernisierung der Regelungen zur Koordinierung der Sozialsysteme erzielt. Danach soll künftig für Geschäftsreisen keine A1-Bescheinigung mehr notwendig sein. Rat und Parlament müssen die Einigung noch formal annehmen. (aus: ZAP 8/2019; Quelle: BRAK/DAV)

EU‐Parlament beschließt Verbandsklage

Klagerecht für qualifizierte Einrichtungen: Das EU-Parlament hat Ende März einen Richtlinienvorschlag über Verbandsklagen – COM (2018) 184 – in erster Lesung mit deutlicher Mehrheit angenommen. Der Entwurf sieht u.a. vor, dass sog. qualifizierte Einrichtungen zwar auf Unterlassung und Abhilfe klagen, nicht jedoch einen Beschluss zur Feststellung einer Rechtsverletzung erwirken können. Um Klagemissbrauch zu vermeiden, werden zudem enge Kriterien für die Benennung der „qualifizierten Einrichtungen“ benannt. Die Klagebefugnis läge somit nicht bei Anwaltskanzleien. Weiterhin ist vorgesehen, dass sich die Bindungswirkung von Urteilen auch zugunsten der Unternehmen erstreckt. Anders als das EU-Parlament hat der Rat der EU allerdings noch keine Position zu dem Richtlinienvorschlag bezogen. Somit wird das Gesetzgebungsverfahren nun nicht mehr in der aktuellen Legislaturperiode behandelt werden können, sondern in die nächste Legislaturperiode übergehen. (aus: ZAP 8/2019; Quelle: DAV)

Pläne zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten

Verbraucherverträge: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz plant offenbar die Begrenzung der Laufzeit von Verträgen. Demnach sollen Verbraucherverträge künftig per Änderung des AGB-Rechts nur noch für eine Laufzeit von maximal einem Jahr zulässig sein. Automatische Vertragsverlängerungen sollen nur noch um höchstens drei Monate möglich sein. Bereits im März soll das Ministerium Pläne zum Schutz der Verbraucher gegen „Kostenfallen“ vorgelegt haben. Ein Eckpunkte-Papier, das auch neue Regeln für Telefonwerbung und für den telefonischen Abschluss von Verträgen empfiehlt, sieht für Telefon-, Strom- und auch Zeitschriftenabonnements künftig kürzere Kündigungsfristen vor. In vielen Bereichen, in denen unbefristete Verträge früher üblich gewesen seien, so wird aus dem Papier zitiert, würden heute Verbrauchern zu guten Konditionen oft nur noch Verträge mit zweijähriger Laufzeit angeboten, die sich automatisch um ein weiteres Jahr verlängerten, wenn sie nicht rechtzeitig gekündigt werden. Dies sei nicht mehr interessengerecht, die Verbraucher müssten sich leichter von Verträgen lösen können, die für sie entweder nicht vorteilhaft seien oder die sie schlicht nicht mehr brauchten. (aus: ZAP 8/2019)